Hilfe, die Eltern kommen - Ein Guide für den perfekten Tag in Wien mit dem elterlichen Besuch

Was wären wir nur ohne sie? Streng genommen gar nichts, da sie uns erschaffen haben, aber
ersparen wir uns an dieser Stelle weitere Details. Unsere lieben Eltern sind in vielen Fällen nicht nur Schöpferinnen und Schöpfer, sondern auch eine der tragenden Säulen, die das Wohnen fernab des Elternhauses in Wien möglich
machen. In meinem Fall wäre ich ohne meine Eltern, oder wie ich sie liebevoll nenne: Bankomama und Pa(y)pa(l), niemals in der Lage gewesen, von Graz nach Wien zu ziehen und mir mein Leben in der Hauptstadt zu finanzieren. Vom
moralischen Support von Geburt an brauchen wir ja gar nicht erst anzufangen. Da versteht es sich von selbst, Mama und/oder Papa mit offenen Armen zu empfangen, wenn es die beiden nach Wien verschlägt. Doch dabei sieht man sich oft mit der
Frage konfrontiert, was man mit den Guten denn anstellen soll, da das elterliche Verständnis von einem schönen Tag in Wien von dem eigenen Alltag eventuell doch etwas abweicht. Konkret kann ich mir in meinem Fall zum Beispiel nicht vorstellen, dass es meine Eltern freuen würde, um 11 Uhr zu frühstücken, mir dann zwei Stunden dabei zuzusehen, wie ich
meine Zeit auf Tiktok und Netflix verschwende und schließlich gemeinsam auf ein Bier am Donaukanal zu gehen. Deswegen habe ich im anschließenden Guide einen möglichst gängigen Tagesablauf gestaltet, der allen Beteiligten positiv in
Erinnerung bleibt. 
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Erst mal Kaffee…

Hier kommt es auf die Entfernung des Elternhauses an, wann die Gäste in Wien eintreffen, aber die Chancen stehen hoch, dass es noch vor 12 Uhr Mittag sein wird, da es Eltern vor allem bei Tages-Trips bevorzugen, bereits zeitig los zu starten, um den Tag optimal nutzen zu können. Das ist ja durchaus legitim, zwingt einen aber selbst zum frühen Aufstehen und einem ersten Programmpunkt. Ich empfehle hier als ersten Treffpunkt nicht die eigene Wohnung, sondern ein Kaffeehaus. Das hat mehrere Vorteile: Einerseits kommt man so schnell zum ersten Kaffee, andererseits erspart man sich kritische Blicke, die jedes noch so kleines, eventuell nicht ganz aufgeräumtes Detail in den eigenen vier Wänden erspähen. Wenn ich einen Berg leerer Flaschen in meiner Wohnung horten möchte, dann ist das meine Sache und geht niemanden etwas an! Und könnte ich meine lang verstorbenen Kakteen gegen neue ersetzen, um meiner Wohnung den Verwesungsflair zu nehmen? Ja, könnte ich, aber vielleicht bin ich einfach noch nicht über das Ableben meiner grünen Freunde hinweg… Ein Kaffeehaus bietet jedenfalls eine neutrale Begegnungszone und mit Kaffee und Frühstück im Magen steht einem spaßigen Tag nichts mehr im Weg. Ein paar Empfehlungen von meiner Seite: Florentin 1090, Cafe Landmann oder Cafe Diglas. 

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The Bling Ring

Nach der morgendlichen Stärkung geht es nun ans Sightseeing, denn egal wie oft man schon in Wien zu Besuch war, die Klassiker gehen immer. Ich empfehle hier einen gemütlichen Spaziergang entlang der Ringstraße. Ein Hotspot, mit dem man nie etwas falsch machen kann, ist für mich der Volksgarten (Grünfläche, nicht Club). Dieser Verweis auf den klassischen Touristenmagnet wirkt beinahe zu ausgelutscht und oft wiederholt, um ernstgenommen zu werden – aber eben nur beinahe. Denn der Volksgarten ist und bleibt für mich einer der schönsten Orte der Stadt. Ich werde mich nie am Theseustempel, den zahlreichen Rosen und dem Ziehharmonika spielenden Musiker mit Pferdemaske, die seit 2015 nicht mehr originell ist, sattsehen können und denke daher, dass es den meisten Eltern genau so geht. 

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Die Qual der Wahl beim Mittags-Mahl

Ich wünschte so sehr, ich wäre Experte in dem heiklen Thema: Wohin zum Mittagessen? Mein persönlicher Fluch scheint es zu sein, untertags an den nettesten Restaurants vorbei zu spazieren, die in der gesamten Stadt verteilt auf mich warten, die ich aber nie zum richtigen Zeitpunkt entdecke und von denen ich fünf Minuten später bereits vergessen habe, dass ich dieses einladende Lokal unbedingt ausprobieren wollte. Sobald es Mittag wird und ich in Begleitung meiner Freunde, oder in diesem Fall Eltern, bin, scheint meine Erinnerung an sämtliche Restaurants der Stadt wie weggeblasen und ich habe absolut keinen Plan, wohin man bestmöglich essen gehen könnte, ohne durch halb Wien zu wandern. Wem es ähnlich geht, hier meine drei Tipps, um diese Krise zu vermeiden. Der erste recht pragmatische Tipp: Einfach ins erstbeste Lokal einkehren, an dem man auf seinem Weg vorbeikommt. Solange es nicht ein Flair von Räuberhöhle versprüht, wird es schon passabel sein. Und wenn nicht, weiß man es fürs nächste Mal, denn schlechte Restaurants merkt man sich für gewöhnlich immer leichter. Als langfristige Lösung empfehle ich, die Restaurants, die man im Alltag besucht, auf Google Maps mit einem Stern zu markieren, wenn man zufrieden war. So reicht ein Blick auf die Karte und man sieht die nächstgelegenen Möglichkeiten, die man bereits selbst als würdig auserkoren hat. Spontan hilft dieser Tipp hilft nur leider relativ wenig. Der letzte Tipp, und mein absoluter Favorit, ist die Entscheidung abzugeben. Lasst eure Eltern entscheiden und folgt ihnen brav in das Restaurant ihrer Wahl. Das ist unkompliziert für euch und eure Eltern können sich auch nicht über die Wahl des Restaurants beschweren. Eine klare Win-win-Situation. Streng genommen nicht wirklich, aber Hauptsache ihr habt keinen Aufwand und darum geht es ja eigentlich.


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Kultur, Baby!

Ich mag Museen sehr gerne und habe noch nie einen Museumsbesuch bereut (ausgenommen sind hier sämtliche Dorfmuseen, deren Ausstellungsräume man nur erreicht, indem man durch ein Privathaus gehen muss und in 90% der Fälle bei einer älteren Frau vorbeikommt, die gerade ihre Wäsche im Innenhof aufhängt). Gehe ich daher im Alltag oft in Museen? Nein. Woran genau das liegt, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht und es spielt auch keine Rolle, aber wenn meine Eltern zu Besuch sind, ist ein Museumsbesuch immer ganz oben auf meiner Agenda. Die Auswahl an Museen ist in Wien riesig, keine interessante Ausstellung mit wenigen Klicks zu finden quasi unmöglich. Ein weiterer Vorteil für jene, die sich bereits wieder nach etwas Me-Time sehnen: Besteht auf einen informativen Audio-Guide. Diese kleinen Schlingel killen Konversationen schneller als eine unbeliebte Bekannte, die man in der U-Bahn trifft. Wer richtig Eindruck schinden möchte, kann sich bereits ein paar Tage vor dem elterlichen Besuch die Jahreskarte eines beliebigen Museums kaufen, dieses mit den Eltern besuchen und an der Kassa ganz selbstverständlich, aber dennoch gut sichtbar die Jahreskarte zücken, als wäre man jeden Samstag hier. Jahreskarten sind übrigens besonders für Studenten wirklich günstig. Ich kaufe mir schon länger immer wieder die Jahreskarten des Kunsthistorischen Museums und der Albertina, was sich auf ein Jahr gerechnet bisher immer enorm ausgezahlt hat. Außerdem ist dieser Kauf ein Ansporn, auch einmal ohne Eltern im Schlepptau eine Ausstellung zu besuchen. 


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Bussi, Baba

Nach dem Museumsbesuch nähert sich der Wien-Tag langsam dem Ende. Museen sind schön und gut, machen aber müde. Nun hat man nach persönlicher Präferenz drei Optionen: Noch einen letzten Kaffeehaus-Besuch vorschlagen, oder die Eltern freundlich, aber bestimmt zum Auto oder Bahnhof begleiten. Für die Hardcore-Kinder gibt es noch die Möglichkeit, ungefragt ein Uber für die Eltern zu bestellen und sich für den netten Besuch zu bedanken, während man Frau Mama höflich die Autotür öffnet. Dafür sollte man aber bereits völlig auf eigenen Beinen stehen und damit leben können, dass nächste Weihnachten eventuell nur ein freundlicher Händedruck unter dem elterlichen Weihnachtbaum auf einen wartet.     


Zum Abschluss –

ein kleiner Disclaimer: Die Chancen stehen hoch, dass meine lieben Eltern diesen Text lesen. Bitte nehmt das nicht zu ernst. Ich bin mir sehr bewusst, was ich an euch habe, bin euch enorm dankbar für mein Leben und hab euch beide sehr lieb! Ich würde euch gegen nichts auf der Welt eintauschen und das heißt was, denn ihr wisst, wie gerne ich ein Hausschwein hätte.



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